Dienstag, 12. August 2008

Meine erste Babyparty - oder wie man sich in 15 Minuten betrinkt

Mir bleibt gerade genug Zeit mein Gepäck im soeben erst bezogenen Gästezimmer abzustellen, schon erfolgt eine Einladung zu einer Babyparty. Diese werden einen Monat nach der Geburt eines Babies gefeiert, um die frischgebackene Mutter und ihr Baby zurück in der Gesellschaft willkommen zu heissen. Je mehr Leute erscheinen, desto mehr Glück bedeutet es für das Baby.

Die Musik ist im ganzen Dorf zu hören. Es ist erst kurz nach Mittag und die Sonne brennt erbarmunglos auf dieses laotische Dorf herunter. Die Party ist seit den frühen Morgenstunden in vollem Gange. Ich werde herzlich begrüsst und gleich mit Fragen bombardiert. Schnell merke ich, wer im Dorf das Sagen hat. Kaum habe ich mich hingesetzt, wird mir eine Tasse Laolao, der lokal gebrannte Reisschnaps, gereicht. Der muss natürlich in einem Zug ausgetrunken werden. Während ich versuche die ausgelassene Stimmung zu erfassen, die vielen Fragen zu beantworten und das mir in den Mund geschobene Essen zu schlucken, folgen in schneller Abfolge die nächsten Laolao und zwei Gläser Bier. Ablehnen gilt nicht! Ich kann gerade noch herausfinden, wie es sich mit dem Geschenk für den Gastgeber verhält, bevor die Wirkung des Alkohols meinen Verstand vernebelt. Ich übergebe einem der Gastgeber einwenig Geld für zwei bis drei Flaschen Bier, was hier ein Luxusgut ist. Mich kostet dies jedoch nur knapp 4 Franken.

Mehrmals deuten die Leute auf meinen mitgebrachten Tagesrucksack und sagen, dass ich ihn im Auge behalten soll. Die Verlockung zu stehlen sei gross, wenn die Leute so betrunken sind. Ich soll auch genug vom Laap (scharfgewürztes Fleichgericht) essen, damit der Alkohol mich nicht gleich umhaut. Es ist so heiss, dass mir der Schweiss nur so aus den Haaren tropft. Die Kleider kleben mir am Leib. Die Musik kracht aus den überdimensionierten Lautsprecherboxen. Als ich zum Tanzen mitten auf die Tanzfläche gezogen werde, spüre ich den Schnapps schon heftig. Irgendwie schaffe ich es noch, mir das Baby anzusehen und die Mutter zu begrüssen. Auch dem Vater werde ich vorgestellt, der kaum noch gerade steht. Mit meiner letzten Vernunft entschliesse ich mich nach einer knappen Stunde, dass ich den Rucksack in mein Zimmer zurückbringe und mir Wasser und Zigaretten besorge. Auch hoffe ich durch die Pause wieder einwenig klarer denken zu können. Innerhalb kürzester Zeit trinke ich die ganze Wasserflasche leer. Helfen tut es wenig. Ich finde alles so lustig und die Gesichter tanzen vor meinen Augen. Leider bekomme ich immer wieder Nachschub an Alkohol. Die Amerikanerin, die seit dem Morgen schon auf der Party ist, wird von ihrem Freund in ihren Bungalow zurückgebracht. Andres aus Spanien ist auch plötzlich verschwunden. Zu meinem Glück taucht kurz darauf Helmut auf, mit dem ich ab und zu unterwegs bin.

Irgend einmal artet die Party beinahe in eine Schlägerei aus, weil ein Dorfbewohner seinen jüngeren Bruder aufforderte nach Hause zu gehen und seinen Rausch auszuschlafen. Danach beginnt die allgemeine Aufbruchstimmung. Mittlerweile schläft der Vater des Babies alle Gliedmassen von sich gestreckt und mit weit offenem Mund neben seinem Baby tief und fest. Es ist schon späterer Nachmittag. Leider kann ich meinen rechten Flip-Flop nicht mehr finden. Die Suche ist ergebnislos. Ich gehe zu einem der wichtigen Männer im Dorf und behaupte, dass jemand aus Versehen meinen Schuh mitgenommen habe. Der Mann kichert laut los und verspricht mir den Schuh zu bringen, falls er wieder auftaucht. Er meint noch zu Helmut, dass dieser mich ins Gästehaus zurückbringen soll. Helmut hat weniger Laolao abbekommen, da er erst so spät auftauchte. Auch den anderen Leute im Dorf erzähle ich die Geschichte vom verschwundenen Schuh. Dann schnappe ich mir den anderen einsamen Flip-Flop, der meinem sehr ähnlich sieht. Auf dem Nachhauseweg treffe ich die Tochter des Gästehausbesitzers an. Natürlich klage ich ihr mein Unglück. Darauf grinst sie und sagt, ich hätte den falschen Flip-Flop aus dem Gästehaus mitgenommen. Mein rechter Schuh stehe vor dem Eingang. Ungläubig schaue ich sie an. Wie konnte ich nicht bemerkt haben, dass ich nach dem Zurückbringen des Rucksackes zwei verschiedene Schuhe an den Füssen hatte? - Tatsächlich mein über alles geliebter Flip-Flop steht schön brav vor der Tür! - Wie peinlich - Das ganze Dorf wird nun über die Geschichte lachen.

Nachdem ich noch einmal einen Liter Wasser getrunken habe, lege ich mich in die Hängematte. Anfänglich wird mir so schlecht, wenn ich die Augen schliesse, dass ich krampfhaft versuche wach zu bleiben um das geschäftige Treiben im Dorf zu beobachten. Nach einer Weile schlafe ich trotzdem ein. Zwei Stunden später erwache ich und fühle mich soweit wieder hergestellt. Schlechter ergeht es den anderen Touristen, die an der Party waren. Sie schlafen sechzehn Stunden am Stück und sind am nächsten Morgen nicht im Stande auf die Wanderung mitzukommen.

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