Mittwoch, 17. Dezember 2008

Thali in einer einfachen Essstube

Ich habe Hunger und mache mich auf, um ein mir genehmes Restaurant in Jaisalmer (Rajasthan) zu finden. An einem einfachen Bretterverschlag wird ganz frisch Chapati (Fladenbrot) im Feuer gebacken und es riecht verführerisch. Der Koch fordert mich auf, bei ihm ein Thali (indisches Standardmenu mit Gemüse- und Linsencurry z. T. mit mehreren Saucen, Salat, Joghurt und Reis/Chapati) zu essen. Ich schaue in die grossen Töpfe und finde, dass es für umgerechnet 70 Rappen ein Versuch wert ist. Es scheint frisch und heiss zu sein. Hier in Rajasthan besteht das Thali der einfachen Leute meist nur aus Gemüse (Kartoffeln, Kohl, Karotten und Zwiebeln), Linsen und Chapati, aber man kann sich den Magen damit nach Belieben vollschlagen.Ich setzte mich an einen Tisch und bekomme auch gleich das Essen vorgesetzt. Der ungefähr sechsjährige Junge vom Restaurant starrt mich neugierig an, eine weisse Touristin hat er wohl noch nicht so oft zu Gast gehabt. Er legt mir auch gleich 3 Chapati auf den Teller, die vom Backen noch ganz heiss sind. Auch die Currys dampfen noch und schmecken vorzüglich.
Die Leute im Restaurant beobachten mich beim Essen. Ich frage nach einem Löffel, da ich mich durch die Beobachtung gehemmt fühle und beim Essen der Currys mit dem Brot und den Händen zu ungeschickt anstelle. Alle paar Sekunden fragt mich der Junge, ob ich noch mehr Chapati möchte und hüpft mir dabei vor Neugier fast in den Teller. Ich versuche mich aufs leckere Essen zu konzentrieren und es zu geniessen. Beim vierten Chapati winke ich erst einmal ab und nehme noch einwenig Gemüse und Linsen. Der Junge hört aber nicht auf zu fragen. Als ich für ein fünftes Chapati einwillige, strahlt er.
Mittlerweile strömen immer mehr Männer in die Essstube und setzen sich auf die Bänke an der Wand entlang um mir optimal beim Essen zuschauen zu können. Keiner der zirka zehn Männer konsumiert etwas. Es gibt einfach etwas zum Sehen, deshalb kommen sie. Jetzt ist mir wieder klar, wieso ich als Touristin das schlechte Essen im Touristenrestaurants für ein wenig Ruhe vorziehen könnte. Nachdem ich meinen Teller leer gegessen habe und mich sehr satt fühle, mache ich mich in ein Restaurant auf, um da in Ruhe eine Tee zu trinken und mein Buch zu lesen. So viel Aufmerksamkeit ist doch anstrengend.

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